Kahlschlag statt Heckenpflege nicht mehr hinnehmbar
Ein Gesetz wird großzügig ausgelegt
Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) Art. 16 Schutz bestimmter Landschaftsbestandteile
Es ist verboten, in der freien Natur Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche einschließlich Ufergehölze oder -gebüsche zu roden, abzuschneiden, zu fällen oder auf sonstige Weise erheblich zu beeinträchtigen.
Das Verbot gilt nicht für
1. die ordnungsgemäße Nutzung und Pflege im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar, die den Bestand erhält,
2. schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses,
3. Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit öffentlicher Verkehrswege oder der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Unterhaltung der Gewässer erforderlich sind.
Der Gesetzgeber hat sich schon etwas dabei gedacht, als er den Schutz von Hecken und Begleitgrün entlang von Straßen und Gewässern in das BayNatSchG aufnahm. Leider lässt die Formulierung viel Handlungsspielraum. Spielraum, den vor allem die öffentliche Hand nutzt, wenn es darum geht, ihre Straßen und Gewässer frei zu schneiden.
In früheren Jahren hatten Straßenbaulastträger und auch das Wasserwirtschaftsamt (WWA) mehr Personal und dafür kleinere Hilfsgeräte und Maschinen. Damit wurden gezielt einzelne Bäume herausgenommen und überhängende Äste abgesägt. Auch wurden Hecken streckenweise auf Stock gesetzt, was Sinn macht und wir nicht als verwerflich sehen. Diese Zeiten sind leider längst vorbei! Eigene geschulte Leute sind rar. Die Maschinen sind furchterregen groß geworden und ihr Einsatz je Stunde kostet mehrere hundert Euros. Damit hat eine neue Form der „Heckenpflege“ entlang unserer Straßen und Gewässer Einzug gehalten. Meist werden Fremdfirmen eingesetzt. Die Fahrer der Maschinen wurden für die Technik geschult, nicht aber für Baum- oder Heckenpflege. Die großen Fahrzeuge müssen sich rechnen. Das ist jetzt die Vorgabe bei den Pflegemaßnahmen!
Als Beispiel hat der BN im Februar 2012 die „Pflegemaßnahme“ an der StStr. 2040 am Ortsausgang Höflarn bei Nabburg dokumentiert. Hier wurden die Hecken ebenerdig abgeschnitten. Kein Baum, kein Strauch blieb stehen. Nachdem uns das empörte Beobachter mitgeteilt hatten, nahm der damalige BN Ortsgruppenvorsitzende Hermann Birnthaler Kontakt mit dem Straßenbauamt auf und beschwerte sich massiv über die Vorgehensweise. Das Resultat können Sie auf den vorher – nachher Bildern oben sehen. Weiterhin wurde ebenerdig abgesägt und gemulcht, einzelne Sträucher wurden verschont. Entspricht das dem Art. 16 BayNatSchG?
Noch etwas: Wir sind uns darüber im Klaren, dass Ökologie sich nicht nur am Straßenrand abspielt. Doch auch seitlich von Straßen und Gewässern haben Kleinlebewesen wie z.B. Mäuse, Eidechsen und Spinnen ihr Refugium, die wiederum als Nahrungsquelle für Vögel und andere Tiere dienen. Muss auch das noch vernichtet werden im Sinne einer „sauberen“ Natur?
Wir prangern an, helfen Sie uns dabei!
Gerechtfertigt werden solche massiven Eingriffe immer mit der Straßenverkehrssicherungspflicht. Wir als BUND Naturschutz können und wollen nicht zulassen, dass diese Pflicht als Totschlag-Argument benutzt wird damit Hecken und Straßenbegleitgrün nicht mehr gepflegt, sondern geschunden und oft komplett entfernt werden. Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass die Öffentliche Hand Geld auf Kosten von wertvollen Naturlebensräumen sparen will, oder sogar damit Geld verdienen will, indem sie Rohstoff für die zunehmende Zahl von Hackschnitzelheizungen liefert.
Wir schreiben diesen Herbst (dem Beginn dieser oft fragwürdigen Säuberungs-Saison) das Straßenbauamt, das Landratsamt, alle Kommunen und auch das WWA an und bitten um schonende und sachgemäße, statt kostendeckende oder gewinnorientierte Pflege ihrer Grünstreifen. Sie, liebe Leser rufen wir auf, ausufernde Eingriffe in Hecken und Straßenbäume zu fotografieren und uns zusammen mit dem genauen Ort und dem Datum des Eingriffs per Mail zu melden. Wir werden ihre Meldungen sammeln, ihnen nachgehen und die zuständigen Behörden damit konfrontieren.
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