Alptraum Schottergarten
Über einen fragwürdigen Gartentrend, der gar nicht so praktisch ist, wie viele meinen und ökologisch, sowie ästhetisch problematisch ist
Dass Fauna und Flora verarmen und die Artenvielfalt rapide abnimmt wird wohl niemand mehr bestreiten. Vorbei die Zeiten, als Rebhuhn und Kiebitz ein häufiger Anblick auf Feldern und Wiesen waren. Das Insektensterben ist in aller Munde. Mitschuld trägt sicherlich die intensive Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen, wo kein Feldrain mehr Schutz bietet und mit Chemie unliebigen Pflanzen und Tieren der Garaus gemacht wird.
Umso wichtiger wäre es, wenn wenigstens in unseren Privatgärten noch grüne Rückzugsinseln für Schmetterlinge, Vögel und Co. verbleiben würden.
Doch gerade hier ist seit einigen Jahren eine traurige Entwicklung zu beobachten. Sogenannte „Schottergärten“ breiten sich allenthalben aus. Wobei man wohl eher von Schotterwüsten sprechen müsste. Es sind Freiflächengestaltungen gemeint, bei denen Schotter unterschiedlicher Größe einen wesentlichen Anteil der Bodenbedeckung ausmacht und die Bepflanzung spärlich bis gar nicht vorhanden ist. Dafür ist die Fläche oft garniert mit den ungeheuerlichsten Dekoelementen, von asiatischen Figürchen, über künstliche Bachläufe aus türkisem Glasbruch bis hin zu Spiral- und Pudelbäumchen der absonderlichsten Art. Teilweise ist es so schlimm, dass man beginnt, sich den guten alten Gartenzwerg wieder herbeizuwünschen.
Unterschied Schottergarten / Steingarten
Nicht zu verwechseln sind Schottergärten übrigens mit gut gestalteten Steingärten, sparsam eingesetzten Trockenmauern und Ruderalflächen, die durchaus von ökologischem und ästehtischem Nutzen sein können.
Die hier beschriebenen Schottergärten werden wohl primär mit dem Ziel ausgeführt, möglichst wenig Arbeit zu verursachen. Schottergärten verheißen eine saubere und bequeme Alternative, ganz nach dem Motto «Wo Steine sind, gibt es nichts zu Jäten» . Auch Gartenmagazine und Gartenbauer verweisen auf angebliche Pflegeleichtigkeit.
Dies ist jedoch ein Trugschluss.
Trotz Vlies oder Plastikeinlage, wächst nach einer gewissen Zeit wieder Unkraut. Dies wird von vielen Experten und Fachzeitschriften bestätigt.
Ohne Pflege verunkrautet ein Schottergarten schon nach wenigen Jahren. Meist bleibt dann nur noch die Chemiekeule, wobei diese für diesen Anwendungsfall eigentlich verboten ist.
Laut Pflanzenschutzgesetz sind Unkrautvernichtungsmittel nur auf Flächen für die landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche oder gärtnerische Nutzung erlaubt. Wenn auf einer Fläche weder Gemüse noch Zierpflanzen angebaut werden, dann ist der Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln grundsätzlich verboten und das aus gutem Grund: Bevor die Mittel abgebaut sind, schwemmt sie der Regen in die Kanalisation oder Oberflächengewässer!
Die zahlreichen Nachteile der Schottergärten
Schottergärten haben aber auch sonst zahlreiche Nachteile.
Wird ein Vlies oder eine Folie eingebaut, gilt die Fläche als versiegelt. Auch die Bodenfruchtbarkeit wird reduziert, da die schweren Steine die Bildung von Bodenluft verhindern und das Bodenleben unmöglich machen. Für Pflanzen und Tiere bieten diese Flächen kaum Lebensraum. Die Steine heizen sich auf und generieren so zusätzliche Hitze anstatt wie Pflanzen durch Verdunstung zu einer Befeuchtung und Kühlung der Luft beizutragen. Dies ist vor allem mit Sicht auf den Klimawandel und vermehrt auftretende Hitze- und Trockenperioden ein nicht zu unterschätzender Nachteil.
Durch ihr steriles, ödes Aussehen führen Schottergärten außerdem, milde ausgedrückt, zu einem «ästhetischen Defizit» .
Forderungen des BUND Naturschutz
Ein Umdenken ist erforderlich.
Wie sollen Kinder, die mit solchen Schotterwüsten aufwachsen, ein positives Verhältnis zur Natur entwickeln, wenn diese als ein lästiger Störenfried angesehen wird.
Deshalb fordert der Bund Naturschutz, das solche Schottergärten vermieden werden sollen, weil:
• sie zur Versiegelung und Verarmung des Bodens beitragen;
• sie aus ökologische Sicht nutzlos sind;
• sie sich negativ auf das Mikroklima auswirken;
• sie zur Reduktion der Biodiversität im Siedlungsraum beitragen;
• sie sich negativ auf das Wohlbefinden der Bevölkerung (Erholung, Stressreduktion, Identifikation) auswirken;
• sie für die Siedlungslandschaft ästhetisch wertlos sind, respektive das Landschaftsbild massiv beeinträchtigen können.
Wir appellieren an alle Grundstücksbesitzer, aber auch an alle Vermarkter aus dem Garten- und Landschaftsbereich, diesem Modetrend zu widerstehen.
Auch unsere Kommunalbehörden sind aufgerufen zu reagieren.
Schottergärten sind nämlich sowieso lt. Bayerischer Bauordnung verboten!
siehe Art. 7 BayBO Begrünung, Kinderspielplätze
(1) 1Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind
1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und
2.zu begrünen oder zu bepflanzen,
soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen. 2Satz 1 findet keine Anwendung, soweit Bebauungspläne oder andere Satzungen Festsetzungen zu den nicht überbauten Flächen treffen.
Auch Satz 1 kann durch Schottergärten nicht nachgewiesen werden. Neueste Untersuchungen haben gezeigt, dass beim Einsatz von Folien und auch Vliesen
unter der Schotterschicht nach kurzer Zeit nicht mehr von Wasseraufnahmefähigkeit ausgegangen werden kann und solche Flächen eigentlich als versiegelte Flächen gewertet werden müssten.
Ein Ansatz wäre hier vielleicht die Niederschlagswassergebühr, die mit dieser Argumentation auch auf Schottergartenflächen erhoben werden könnte.
Wer Satire im Umgang mit diesem Thema schätzt, dem sei die Seite Gärten des Grauens empfohlen.