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GEPLANTES GEWERBEGEBIET IN TEUBLITZ AN DER A93 - TEUBLITZ IST ÜBERALL: Flächenverbrauch und Naturzerstörung gehen ungebremst weiter

Durch den Verkauf von Staatswald für neue Gewerbeflächen fördert der Freistaat aktiv den Flächenfraß in Bayern

Gemeinsame Pressemitteilung des BN und LBV anlässlich eines Ortstermins im gefährdeten Waldgebiet:

25.06.2020

Teublitz, 25.06.2020 – Neue Gewerbeflächen, Straßen, Baugebiete – ganz nach dem Motto „weiter, immer weiter“ ist das geplante Gewerbegebiet an der Autobahnausfahrt bei Teublitz im Oberpfälzer Landkreis Schwandorf ein drastisches Beispiel für den ungebremsten Flächenverbrauch und die fortschreitende Naturzerstörung in Bayern. Bei einem Ortstermin fordern die Landesvorsitzenden von LBV und BUND Naturschutz (BN), Dr. Norbert Schäffer und Richard Mergner, die Bayerische Staatsregierung auf, gegenzusteuern, und Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und naturschonende Wirtschaftsentwicklung in den Kommunen zu schaffen. Die vom Kabinett längst beschlossene Rücknahme der Lockerungen beim Anbindegebot für Gewerbegebiete muss aus Sicht der beiden Verbände endlich rechtskräftig werden.

Laut dem neuen Flächennutzungsplan der Stadt Teublitz sollen an der drei Kilometer entfernten Autobahnausfahrt bis zu 20 Hektar Staatswald, also fast 30 Fußballfelder, einem neuen Gewerbegebiet weichen. Die Pläne sollen laut Stadtratsbeschluss in den nächsten Wochen öffentlich ausgelegt werden. Der dortige Wald ist Teil eines großen, bisher völlig unverbauten Waldgebietes an den westlichsten Ausläufern des Bayerischen Waldes. Öffentliche Wanderwege führen daran vorbei, Quellen müssten verrohrt werden und viele geschützte Tiere und Pflanzen, wie Erdkröte, Feinstreifiger Laufkäfer und Torfmoos würden vernichtet. Zudem wächst auf der Fläche ein vorbildlicher Zukunftswald aus Buchen, Eichen und Erlen.

„An diesem Beispiel wird deutlich, dass die öffentlichkeitswirksamen Initiativen der Staatsregierung zum Flächensparen nichts mit der Realität vor Ort zu tun haben“, sagt Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern. „Interkommunale, landschaftsschonende Planungen sind nach wie vor die große Ausnahme. Jede Kommune denkt nur in ihren eigenen Grenzen, vor allem im Hinblick auf erhoffte Einnahmen, insbesondere aus der Gewerbesteuer. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel im benachbarten Burglengenfeld eine große Industrieruine leer steht (ehemaliges Hansa-Werk), und wenige Kilometer weiter ein neues Gewerbe- und Industriegebiet ohne jegliche Rücksicht auf Natur und Umwelt aus dem Boden gestampft wird.“

Der LBV-Landesvorsitzende Dr. Norbert Schäffer weist auf den Wert des historisch alten Waldes und der umgebenden Landschaft hin: „Hier stand schon immer Wald, wenn man auf alte Karten schaut. Die Fläche ist Bestandteil eines weitläufigen Waldgebietes. Hier ein Gewerbegebiet reinzusetzen widerspricht allen gesellschaftlichen und politischen Zielen zur Bewahrung unserer Lebensgrundlagen. Die Politik muss Rahmenbedingungen setzen, dass derartige Vorhaben auch wirtschaftlich nicht mehr attraktiv sind. Der Fokus muss auf regional sinnvollen Planungsansätzen unabhängig von den Gemeindegrenzen liegen.“

Die Kritik der beiden Naturschutzverbände richtet sich nicht nur an die Stadt Teublitz. Die umliegenden Städte Burglengenfeld und Maxhütte-Haidhof sind hier ebenso gefordert. „Es ist ungerecht, wenn die beiden Nachbargemeinden ungebremst Wohn- und Gewerbegebiete ausweisen, und die Menschen dann ihre Freizeit in der schönen Teublitzer Natur verbringen, oder Ausgleichsflächen für Burglengenfelder Baugebiete auf dem Teublitzer Gemeindegebiet liegen. Hier muss ein ökonomisch faires Gesamtkonzept her“, so der Kreisvorsitzende des BUND Naturschutz Klaus Pöhler. Darüber hinaus forderten die Kommunen des „Städtedreiecks Burglengenfeld/Maxhütte-Haidhof/Teublitz“ bei der Beteiligung zum neuen Regionalplan Oberpfalz-Nord, den Vorrang für ökologische Belange ersatzlos zu streichen, was in der heutigen Zeit als völlig überholt wirkt.

Zeno Bäumler, Kreisvorsitzender des LBV ergänzt: „Wir kümmern uns jahrein jahraus um den Schutz bedrohter Arten und Lebensräume. Nun soll mit einem Schlag ein wunderbares Stück Natur einfach platt gemacht werden. Gerade in der heutigen Zeit erkennen die Menschen doch immer mehr den Wert unberührter Landschaften.“

BN und LBV kritisieren vor allem auch das nach wie vor geltende gelockerte Anbindegebot für Gewerbegebiete im Landesentwicklungsprogramm. Das Bayerische Kabinett hatte zwar bereits vor einem Jahr diese Lockerung wieder rückgängig gemacht, aber diese Entscheidung vom 16. Juli 2019 ist immer noch nicht rechtskräftig. Gewerbegebiete ohne jegliche Anbindung an bestehende Siedlungen wie im Beispiel Teublitz werden dadurch leichter ermöglicht. In derselben Kabinettssitzung wurde auch die Halbierung des Flächenverbrauchs bis zum Jahr 2030 als Ziel beschlossen. Wenn man allein die Gewerbegebietsplanungen auf Staatswaldflächen betrachtet, zum Beispiel 65 Hektar im Westen von Weiden, erscheint dieses Ziel illusorisch. Die Bayerischen Staatsforsten haben sich 2016 bezüglich des Teublitzer Gewerbegebietes mit den Worten zitieren lassen, ihre Aufgabe sei es „Wälder zu bewahren, nicht zu verkaufen“. Die beiden Naturschutzverbände fordern die Staatsregierung auf, ihrem Forstbetrieb die konsequente Beibehaltung dieser Haltung zu ermöglichen.

Ein weiterer Kritikpunkt von LBV und BN ist die „Ausgleichsphilosophie“. Den Bedenken bezüglich schwerwiegender Eingriffe in die Natur wie in Teublitz wird stets mit dem Hinweis auf Ausgleichsmaßnahmen begegnet. „Ein über Jahrhunderte gewachsenes Ökosystem kann man nicht ausgleichen. Es wird unwiederbringlich zerstört. Viele der dort lebenden Tiere und Pflanzen können nicht einfach in viele Kilometer entfernte Ausgleichsflächen übersiedeln. Sie werden mit dem Eingriff getötet oder vertrieben, das sollte man ehrlicherweise sagen“, erläutert Dr. Christian Stierstorfer, LBV-Waldreferent und Ortskenner. „Nicht umsonst steht in der Bayerischen Kompensationsverordnung die Vermeidung von Eingriffen an oberster Stelle.“

Das „Städtedreieck Burglengenfeld-Maxhütte-Teublitz“ weist viele Beispiele für Naturzerstörung auf, hat aber auch eine große Chance: Mit einer gemeinsamen Planung jenseits alter Rezepte (mehr Straßen, mehr Gewerbe- und Neubaugebiete und in der Folge noch mehr Straßen, etc.) könnte man sich an die Spitze einer innovativen und beispielhaften Entwicklung stellen. Die Schonung der noch vorhandenen Naturschätze ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür.