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"Wir können uns unterlassenen Klimaschutz nicht leisten!"

Sehr gutes Interview des Neuen Tag mit unserem BN-Chef Mergner. Er macht darin deutlich, dass wir uns unterlassenen Klimaschutz nicht leisten können.

Der Bund Naturschutz in Bayern (BN) hat sich vom Regierungswechsel in Berlin mehr erhofft.

Wir zitieren aus "DER NEUE TAG - Landkreis Schwandorf vom 6. November, Seite 5"

Im Interview, geführt von Jürgen Umlauf erläutert Richard Mergner, wo er bei der künftigen "Ampel" Nachholbedarf sieht und warum Klimaschutz am Ende sogar Geld spart:

06.11.2021

"Herr Mergner, es gibt bald eine Bundesregierung mit grüner Beteiligung. Ist der Sekt beim BN schon kalt gestellt?Schön wär's. Aber wenn wir das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP lesen, dann sind wir eher entsetzt. Wir merken, dass vor allem von Seiten der FDP, aber auch von Teilen der SPD zu vielen absolut sinnvollen Forderungen hin zu einer sozial-ökologischen Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft einfach nein gesagt wird.

Wo zum Beispiel?Wir haben mit der Zukunftskommission Landwirtschaft eigentlich einen Epochenwandel erreicht. Da haben sich Bauern- und Naturschutzverbände auf gemeinsame Forderungen geeinigt. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die weniger Pestizide einsetzt, die mehr auf den Tierschutz achtet und den Klimaschutz berücksichtigt. Im Wahlprogramm gerade der Grünen war dazu viel gestanden, aber vor allem die FDP setzt weiter auf vermeintlich freies Unternehmertum und Weltmarktorientierung und wehrt sich gegen konkrete Maßnahmen zur Beendigung der tierquälerischen Massentierhaltung. Die zweite große Enttäuschung ist die Verkehrspolitik. Da fehlen ein Straßenbaumoratorium, der massive Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch auf dem Land und natürlich ein Tempolimit.

Haben Sie gar nichts Positives gefunden? Immerhin sollen zwei Prozent der Landesfläche Vorranggebiet für Windkraft werden.
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sehen wir tatsächlich die größten Schnittmengen mit unseren Forderungen. Da scheint etwas voranzugehen. Deshalb unser Appell an CDU und CSU, aber auch an die Freien Wähler, Blockaden bei der Windkraft aufzugeben. Wenn die 10H-Abstandsregel zurückgenommen würde, wäre das ein Segen, weil die Standortsuche nicht auf die Wälder begrenzt wäre. Das würde Konflikte minimieren, den Kommunen die Planung erleichtern und Bürgergenossenschaften ein sicheres Umfeld für Investitionen bringen.

Beim BN ist die Windkraft aber auch nicht unumstritten.
Unser Verband hat in Sellanger bei Hof eine der ersten Windkraftanlagen in Bayern gebaut. Wir wollen Windkraft nach Plan, also an naturverträglichen Standorten. Wir schließen auch den Wald nicht völlig aus, aber wir dürfen hier nicht in wertvolle Buchen-Eichen-Mischwälder hinein. Nur auf Waldflächen zu setzen, wie das die CSU und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern propagiert, lehnen wir aber ab.

Erneuerbare Energien sind oft mit Flächenverbrauch oder Agrarmonokulturen verbunden. Wie lässt sich dieser Zielkonflikt lösen?
Die Energiewende ist für Bayern eine riesige Chance, technologisch und ökologisch. Wie man alles miteinander vereinbaren kann, haben wir zum Beispiel mit den Bio-Energie-Dörfern im Frankenwald gezeigt. Da wurde Biomasse aus Hackschnitzeln mit Windkraft und Solarnutzung kombiniert. Statt Mais als Energiepflanze kann man Blühflächen anlegen. Das bringt zwar einen geringeren Ertrag, ist aber ein toller Lebensraum für Vögel, Insekten und Schmetterlinge. Auf diesen Flächen ist dann auch kein Pflanzenschutz mit Pestiziden erforderlich.

Energie wird teurer, Lebensmittel werden teurer - da steckt sozialer Sprengstoff drin. Wie lässt sich dem begegnen?
Die Diskussion läuft da falsch herum. Wir können uns unterlassenen Klimaschutz nicht leisten. Eine einzige Flutkatastrophe in Deutschland hat 30 Milliarden Euro gekostet - und damit sind die Toten und das Leid der Menschen noch nicht aufgewogen. Um solche Kosten in Zukunft zu verhindern, müssen die Preise die soziale und die ökologische Wahrheit beinhalten. Deshalb müssen umweltschädliche Subventionen abgebaut werden.

Was heißt das konkret?
Bei der energetischen Gebäudesanierung haben wir schon lange gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband vorgeschlagen, dass sich Mieter, Vermieter und Staat die Kosten zu je einem Drittel teilen. Die Mieter profitieren anschließend durch niedrigere Energiekosten. Dass die Menschen jetzt unter hohen Energiepreisen ächzen, hängt auch damit zusammen, dass wir die erneuerbaren Energien nicht konsequent ausgebaut haben. Wer eine PV-Anlage auf dem Dach hat oder an einer Windgenossenschaft beteiligt ist, den treffen die hohen Kosten aus der fossilen Energieerzeugung deutlich weniger.

Wenn Sie einen Wunsch an die neue Bundesregierung frei hätten, was stünde da an erster Stelle?
Der Klimaschutz muss in allen Ministerien zwingend als eine Querschnittsaufgabe verankert werden. Die neue Bundesregierung muss den notwendigen ökonomischen und gesellschaftlichen Wandel vorantreiben."