Vorrang für Gemeinwohl im Staatswald
„Klimaschutz, Artenvielfalt, Erholung und weitere Schutzfunktionen
sind in den 800.000 Hektar großen Staatswäldern viel wichtiger als Gewinnstre-
ben und Holzverkauf“, so Richard Mergner, BN-Landesvorsitzender. „Wir fordern,
dass die Entscheidung des Ministerpräsidenten aus 2019 die Leitlinien für die
Staatswaldbewirtschaftung zu ändern, auch im Waldgesetz verankert werden
muss.“ Um dem geänderten Schutzempfinden und der immensen Bedeutung der
Staatswälder für die Schutz- und Erholungsfunktionen Rechnung zu tragen, soll im
Waldgesetz ein Vorrang für die Gemeinwohlleistungen festgeschrieben werden.
„Wir fordern deshalb Forstministerin Michaela Kaniber auf, das Reformvorhaben
„Forstbetrieb 2030“ sofort zu stoppen“, so Mergner. „Die Leistungen des Staats-
waldes für das Gemeinwohl müssen unabhängig von schwankenden Holzpreisen
aus dem Staatshaushalt finanziert werden.“
Finanzieller Druck darf nicht zum „Kahlschlag“ führen
Aufgrund der Waldschäden und der geringen Holzpreise waren die Staatsforsten
massiv unter Druck geraten. Die Verluste sollen nun durch umfangreiche Kürzungen
bei Personal und Mittel aufgefangen werden. „Wir halten das auf den Weg ge-
brachte massive Einspar- und Reformprogramm „Forstbetrieb 2030“ für einen Irr-
weg, weil mit noch weniger Waldarbeiter*Innen und Förster*Innen vor Ort die viel-
fältigen Gemeinwohlleistungen sowie eine schonende Holzernte nicht bewältigt
werden können“, so Hans Kornprobst, Sprecher des BN-Arbeitskreises Wald. „Ein
weiterer personeller und organisatorischer Kahlschlag steht im Widerspruch zu den
politischen Vorgaben des Ministerpräsidenten. Ein Klimawald braucht fachkundiges
Personal vor Ort, das sich um den Wald und die Waldverjüngung im Rahmen einer
waldangepassten Jagd kümmert“, so Hubert Weiger, BN-Ehrenvorsitzender. „Har-
vester planen keinen Waldumbau und schießen keine Rehe“, bringt es Ralf Strauß-
berger, BN-Wald- und Jagdreferent, auf den Punkt. Die infolge der Klimakrise
schwieriger werdenden Rahmenbedingungen und die geänderten Zielvorgaben, die
vom Management zusätzliche Ökosystemleistungen abverlangen, machen eine ge-
änderte, angemessene finanzielle Honorierung der Bayerischen Staatsforsten not-
wendig. Insofern muss nach Festlegung einer neuen Zielsetzung auch darüber ent-
schieden werden, wie diese finanziell und organisatorisch bewältigt werden kann.
Rahmenbedingungen und Aufgaben für Staatswälder haben sich geändert
Angesichts der dramatischen Auswirkungen der Klimakrise hat Ministerpräsident
Markus Söder im Juli 2019 entschieden, dass die Leitlinien für den Staatswald geän-
dert werden. Damit soll dem geänderten Schutzempfinden im Staatswald Rechnung
getragen werden, der nicht mehr Wirtschaftswald sein soll, um Geld zu verdienen.
Biodiversität zählt mehr als Gewinnstreben. Der Staatswald soll Klimawald werden.
Darauf soll der Geschäftszweck abgestellt und zum Schwerpunkt Klimazweck umge-
widmet werden. Der Ministerrat hat diese Leitlinien am 30.07.2019 beschlossen.
Das erfolgreiche Volksbegehren Artenvielfalt brachte für den Staatswald zwei zent-
rale Änderungen in der Zielsetzung. So wurde im Naturschutzgesetz verankert, dass
der Schutz der biologischen Vielfalt als vorrangiges Ziel zu verfolgen ist. Im Waldge-
setz wurde ein weiterer Paradigmenwechsel festgeschrieben, dass 10 Prozent des
Staatswaldes als Naturwälder geschützt werden sollen. Mit diesen Entscheidungen
haben sich für den Staatswald die Zielhierarchien deutlich verschoben, was aber
endlich umgesetzt werden muss: Klimaschutz und Biodiversität, die zusammen mit
anderen Leistungen der Staatswälder für die Allgemeinheit als Gemeinwohlleistun-
gen zusammengefasst werden können, haben höheres Gewicht und Vorrang vor
der Holznutzung bekommen. In Corona-Zeiten ist die Bedeutung der Staatswälder
gerade für die Erholung aus Nah und Fern deutlich gestiegen. Zugleich wurde auch
deutlich, dass es mehr Regelungen, Finanzmittel und Personal bedarf, um den Besu-
cherverkehr in die gewünschten Bahnen lenken zu können.
Kurswechsel für den Klimawald im Waldgesetz verankern
Der BN anerkennt positive Entwicklungen bei den Staatsforsten beim Naturwald-
schutz, bei der Waldverjüngung, bei einer Einschlagszurückhaltung oder bei einer
frühzeitigen Borkenkäfer-Erkennung. Etliche Entscheidungen sind aber der Gewinn-
erzielung/-abführung geschuldet. Da sie den geänderten politischen Vorgaben ent-
gegenstehen, fordert der BN, dass die Zielsetzungen für die Waldbehandlung der
Staatswälder angepasst werden müssen. Für einen Klimawald müssen zuvorderst
die Vorgaben für den Holzeinschlag reduziert werden, damit die Staatswälder den
Klimaextremen besser widerstehen können. Denn zu hohe Einschläge führen bis-
lang dazu, dass selbst naturnahe Wälder oft zu stark aufgelichtet und damit in ihrer
Vitalität geschwächt werden. Auch ist zu befürchten, dass die Holzzuwächse wegen
der Trockenheit rückläufig sind. Statt noch mehr Großmaschinen einzusetzen, muss
die Waldpflege wieder mehr in die Hände der Waldarbeiter*Innen gelegt werden.
Statt Holz unabhängig von Jahreszeit und Witterung einzuschlagen, braucht es
mehr Rücksicht auf die Setz- und Brutzeiten und auf den Waldboden. Um die er-
reichten Erfolge bei Waldumbau, Waldverjüngung und Jagd sowie bei Borkenkäfer-
management auszubauen, braucht es eher mehr fach- und ortskundiges Personal
vor Ort, das nicht durch Harvester und Fremdfirmen ersetzt werden darf.